Spuren im „Zauberberg“ : Karl Philipp Moritz, Anton Reiser (1785/1790)
Der Name Anton Karlowitsch Ferge geht auf Karl Philipp Moritz und sein Werk „Anton Reiser“ zurück. (1) Schon Moritz benennt eine Romanfigur nach seinem zweiten Vornamen Philipp, verbunden mit dem Nachnamen des Protagonisten Anton Reiser. (2) Das Spiel mit dem Namen führt Thomas Mann weiter.
Moritz gibt seinem Protagonisten den Namen „Reiser“, weil Anton am liebsten reist: Schon mit seinen Brüdern macht Reiser Wanderungen auf den Wällen der Stadt, „indem er sich immer ein Ziel setzte, nach welchem er mit ihnen gleichsam eine Reise tat“ (AR 105, 33 f.; 106, 11). Als der Frühling kommt, „so erwachte auf einmal eine sonderbare Begierde zum Reisen in ihm, die er bis dahin noch nie in dem Grade empfunden hatte“ (AR 320, 24 ff.). Die „Einbildungskraft spiegelte ihm Wunderdinge von dieser Reise (sc. von Hannover nach Bremen) vor“ (AR 320, 31 ff.). „Dies war nun die erste sonderbare romanhafte Reise, welche Anton Reiser tat, und von der Zeit fing er eigentlich an, seinen Namen mit der Tat zu führen“ (AR 321, 7 ff.) „Theater – und reisen – wurden unvermerkt die beiden herrschenden Vorstellungen in seiner Einbildungskraft“ (AR 332, 5 ff.). Reiser hat eine „unwiderstehliche Begierde zum Reisen“ (AR 344, 28 f.; „Wandergeist“: 363, 13). Er will „sein Glück in der weiten Welt suchen“ (AR 356, 13 f.). Direktor B… nennt Reiser „Reiserus“ (AR 138, 16; 309, 28.31; 387, 11.25). Von dieser lateinischen Bezeichnung führt die Assoziation zum römischen „Reiserus“ Mercurius (Hermes) und zum Fergen „Charon“: Ferge ist der „Fährmann“. (3)
Anton Karlowitsch Ferge (A.K.Ferge: Zb 642, 31; 847, 26; 1014, 28; 1022, 19) erzählt aus „dem Leben eines Reisenden im Dienst einer Feuerversicherungsgesellschaft“ (Zb 471, 24 f.), von „winterlichen Reisen durch das weite Reich“ (Zb 472, 1 f.). „Ferges Schnurrbart fuhr fort auf und ab zu wandern“ (Zb 1058, 3 f.; auch 680, 13; 1056, 21 f.; 1067, 3 f.). „Ferge war langbeinig und griff gehörig aus“ (Zb 1068, 29 f.), er ist „mobil“ (Zb 546, 4).
Reiser hat Probleme mit seinen Schuhen (AR 393, 28 – 394, 14; 395, 5 – 11; 434, 16 f.). Ferge berichtet von der „Gummischuhfabrikation“ (Zb 546, 12 f.; 642, 33 f.; 897, 4 - 8). (4)
Den Gegensatz zu dieser Mobilität Reisers bildet das „Kartäuserkloster“ (AR 436, 33). Hier „war das Ziel von allem – nie durfte der Fuß des Eingeweihten wieder aus dem Bezirk dieser Mauren treten – er fand hier seine immerwährende Wohnung, und sein Grab. – “ (AR 437, 31 – 34). Dies schärft den Blick auf Castorp: In einer fast klösterlich zu nennenden „stabilitas loci“ bleibt er sieben Jahre ohne Ortsveränderung auf dem „Berghof“, obwohl einige der Mitpatienten „Urlaub“ nehmen ( z.B. Chauchat: Zb 525, 24; 529, 6; Großtante, Nichte, Marusja: 544, 14 f.). Klösterliche Vergleiche mit Castorps Dasein auf dem „Berghof“ zieht Settembrini (Zb 295, 4 – 296, 8: „kontemplierten“, „Refektorium“, „Noviziat“, „Profeß“, „Nönnlein“, „Mönch“, „ unschuldiges Bräutchen Christi“).
Zur Erklärung der Einführung des Bleistiftes in die Schulgeschichte Castorp – Hippe bietet Moritz ein interessantes Szenarium an. Anton Reiser kommt wieder nach Hannover und ihm wird das Herz schwer, „da er sich diesen Toren wieder näherte, und die vier Türme wieder vor ihm lagen, die ihm gleichsam die großen Stifte schienen, welche den Fleck seiner mannigfaltigen Leiden bezeichneten. Insbesondere war ihm der hohe, eckichte, und oben nur mit einer kleinen Spitze versehene Marktturm, da er ihn jetzt wieder sahe, ein fürchterlicher Anblicke – dicht neben diesem war die Schule – das Spotten, Grinsen und Auszischen seiner Mitschüler stand mit diesem Turm auf einmal wieder vor seiner Seele da – das große Zifferblatt an diesem Turm war er gewohnt zum Augenmerk zu nehmen, so oft er die Schule besuchte, um zu sehen, ob er auch zu spät käme – Dieser Turm war so wie die alte Marktkirche ganz in gotischer Bauart, von roten Backsteinen aufgebaut, die vor Alter schon schwärzlich geworden waren. – In eben dieser Gegend war es, wo den Missetätern ihr Todesurteil vorgelesen wurde – kurz, dieser Marktkirchenturm brachte alles in Reisers Phantasie zusammen, was nur fähig war, ihn plötzlich niederzuschlagen und in eine tiefe Schwermut zu versetzen. –“ (AR 209, 9 – 29).
Reiser erinnert sich an die Schule angesichts des Marktkirchenturms, der neben der Schule steht. Dieser Turm ist ein mit einer kleinen Spitze versehener Stift. Der Stift (Turm) lässt Reiser an die Schule denken.
Im „Zauberberg“ erinnert sich Castorp im Traum an den Schulhof und einen Bleistift:
„Dann schien es dem Träumenden, als befinde er sich auf dem Schulhof, wo er so viele Jahre hindurch die Pausen zwischen den Unterrichtstunden verbracht, und sei im Begriffe, sich von Madame Chauchat, die ebenfalls zugegen war, einen Bleistift zu leihen. Sie gab ihm den rotgefärbten, nur noch halblangen in einem silbernen Crayon steckenden Stift, indem sie Hans Castorp mit angenehm heiserer Stimme ermahnte, ihn ihr nach der Stunde bestimmt zurückzugeben, und als sie ihn ansah, mit ihren schmalen blaugraugrünen Augen über den breiten Backenknochen, da riß er sich gewaltsam aus dem Traum empor, denn nun hatte er es und wollte es festhalten, woran und an wen sie ihn eigentlich so lebhaft erinnerte. Eilig brachte er die Erkenntnis für morgen in Sicherheit…“ (Zb 183, 14 – 188, 32).
Der Schulhof führt den träumenden Castorp zum Bleistift. Sollte sich das Motiv „Bleistift“ aus dem Turm entwickelt haben, der schon bei Moritz als „Stift“ bezeichnet wird?
Der Bleistift im „Zauberberg“ wird verkürzt als „Stift“ bezeichnet (Zb 187, 15; 188, 2.7) und Castorp ist „so frei, den Bleistift etwas zuzuspitzen“ (Zb 188, 17 f.). Der Stift ist rot gefärbt (Zb 188, 2).
Nun hat es mit dem „Stift“ bei Moritz eine besondere Bewandtnis. Der „Stift“ ist allgemein der Ort, durch den „ die Ideen vom vorigen Tage sowohl als von seinem vorigen Leben“ erst „Zusammenhang und Wahrheit “ erhalten (AR 91, 20 – 25).
Auch Castorp braucht einen „ Stift“ zur Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen Chauchat und Hippe. Dieser Stift verbindet die im Traum aus der Gegenwart mitgenommene Chauchat mit Hippe neben ihrem ähnlichen Aussehen (Zb 140, 15 – 27). Im Traum erscheint Pribislav: „Wie merkwürdig ähnlich er ihr sah, - dieser hier oben! Darum also interessiere ich mich so für sie? Oder vielleicht auch: habe ich mich darum so für ihn interessiert?“ (Zb 189, 9 ff.) In der Faschingsnacht leiht sich Castorp einen Bleistift von Chauchat (Zb 525, 13 ff.; 869, 18 ff.) und gibt „Hippes Bleistift“ zurück (Zb 746, 20 ff.; vgl. auch Zb 903, 4 f.). Castorp kennt Chauchat schon „anciennement“ (Zb 518, 7): Als Schüler bittet er sie um ein Bleistift (Zb 518, 8 ff.). Dieses Phänomen der Wiedererinnerung“ erklärt Moritz , als sein Protagonist Reiser zufällig aus dem Tore der Stadt B… geht und Wall und Schildwachen sieht (AR 92, 26 – 93, 26).
Auch die Rahmung unserer beiden Stellen erfolgt in ähnlicher Weise: Reiser verlässt seine Vaterstadt „leicht“ und nähert sich ihr wieder schweren Herzens (AR 209, 6 – 10). Bei Castorp „wurde es eine klägliche Heimkehr, nach einem so hochgemuten Auszug“ (Zb 189, 27 f.).
Castorp kommt zu spät zum Vortrag (Zb 190, 13). Beim Anblick Chauchats denkt Castorp an den „Musterschüler“Pribislav (Zb 191, 18 ff.), aber auch an den „Missetäter“ Albin (Zb 191, 25 ff.).
Albin, der das „Todesurteil“ in kaum verhüllter Form von Hofrat Behrens erhalten hat (Zb 124, 21 ff.), zieht einen Vergleich mit einer schulischen Situation: „Es ist wie auf dem Gymnasium, wenn es entschieden war, daß man sitzen blieb und nicht mehr gefragt wurde und nichts mehr zu tun brauchte. Zu diesem glücklichen Zustand bin ich nun endgültig wieder gediehen. Ich brauche nichts mehr zu tun, ich komme nicht mehr in Betracht, ich lache über das Ganze“ (Zb 124, 25 – 30). Castorp wird dadurch an seine eigene Schullaufbahn erinnert (Zb 125, 10 – 26; auch 537, 8 – 13). Reiser muss „sich in den Stunden desselben (sc. des Direktors) wie ein Wesen betrachten, auf das nicht die mindeste Rücksicht genommen ward: denn der Direktor rief ihn niemals auf. – Ein paar junge Leute, die nach Reisern in Prima kamen, wurden über ihngesetzt (sc. Reiser „bleibt sitzen“), und er mußte verschiedene Monate lang der letzte vonallen bleiben“ (AR 187,33 - 188, 4), „es war ihm immer, als ob er gar nicht dazu gehörte“ (AR 194, 12 f.). Lebensüberdruss stellt sich bei Reiser ein (AR 227, 1 f.; 256, 19 f.; 351, 6; 354, 32 f.; 355, 7; verdeckter Selbstmordversuch: 101, 11 – 16, vgl. dazu Drohung Albins).
Schon in einem früheren Beitrag wurde darauf hingewiesen, dass „Brotsack“ Castorp gerne Bier trinkt (5). Im Unterschied zu Castorp, der im Überfluss lebt, muss Reiser „sein Brot mit Tränen essen“ (AR 105, 29; 131, 14). Brot und Bier ist für Anton Reiser die billigste Form, sein Leben zu fristen (AR 375, 3; 376, 4 – 15; 382, 24; 415, 34; 417, 12 f.; 425, 8.18.23; 473, 11 f.; „Weihnachtsbrot“: 477, 16.20; 478, 25.27; 479, 1). Auch andere Hinweise auf den Sachbereich Brot und Bier sind im Roman von Moritz enthalten: Reiser geht „durch das hohe Korn“ und isst „ Körner“ (AR 361, 15.24; 363, 7 f.; 381, 21 – 28: Beispiel aus der Bibel Mt. 12, 1 – 8 und Parallelstellen ; AR 16, 19). Der Plan, mit einem anderen Studenten eine Wochenschrift zu gründen, wird zu Gunsten einer Mitarbeiterschaft an der Wochenschrift „der Bürger und der Bauer“ aufgegeben, die in den „Bierhäusern“ in Erfurt vertrieben wurde (AR 433, 18 – 31). Aber auch dies schlägt fehl (AR 434, 10 ff.). Reiser zieht anschließend zu einem Brauer (AR 434, 22). Reiser wollte sogar Bauer oder Soldat werden (AR 383, 28 – 384, 15; 216, 32 ff.). Er bittet seinen Vetter, einen Perückenmacher, um die„harte Kruste von dem Teig …, worin das Haar zu den Perücken gebacken wurde“ (AR 219, 31 – 34).
„Nach einer allgütigen und weisen Einrichtung der Dinge hat auch das mühevolle, einförmige Leben des Handwerksmannes, seine Einschnitte und Perioden, wodurch ein gewisser Takt und Harmonie hereingebracht wird, welcher macht, daß es unbemerkt abläuft, ohne seinem Besitzer eben Langweile gemacht zu haben“ (AR 61, 6 – 11). Im „Zauberberg“ wird das Phänomen „Langeweile“ in gleicher kompakter Sichtweise behandelt: „Was man Langeweile nennt, ist also eigentlich vielmehr eine krankhafte Kurzweiligkeit der Zeit infolge von Monotonie: große Zeiträume schrumpfen bei ununterbrochener Gleichförmigkeit auf eine das Herz zu Tode erschreckende Weise zusammen; wenn ein Tag wie alle ist, so sind alle wie einer; und bei vollkommener Einförmigkeit würde das längste Leben als ganz kurz erlebt werden und unversehens verflogen sein“ (Zb 160, 13 – 2; vgl. auch 279, 28 – 280, 13; 288, 21; 311, 29 – 312, 16; 436, 10 – 30; 622, 14 – 24 ).
Warum das so ist, begründet Moritz: „Dies Immerwiederkehrende in den sinnlichen Eindrücken scheint es vorzüglich zu sein, was die Menschen im Zaum hält, und sie auf einen kleinen Fleck beschränkt. – man fühlt sich nach und nach selbst von der Einförmigkeit des Kreises, in welchem man sich umdreht, unwiderstehlich angezogen, gewinnt das Alte lieb, und flieht das Neue – Es scheint eine Art von Frevel, aus dieser Umgebung hinauszutreten, die gleichsam zu einem zweiten Körper von uns geworden ist, in welchen der erstere sich gefügt hat“ (AR 436, 21 – 29).
Nach einer Nachtwanderung der drei jungen Leute waren am anderen Morgen „die schönen Bilderchen aus der Zauberlaterne verschwunden“ und sie verzichten darauf, den Berg zu besteigen (AR 364, 22 – 31). In seinem Brief an Philipp Reiser spricht Anton Reiser davon, dass er in seinem Zustand wie in einem bezauberten Lande“ herumirre (AR 263, 27).
Bei dem Abschied Reisers von seinem Freunde N… nennen sie sich „zum erstenmalBruder“ (Zb 482, 34). Als Joachim sich verabschiedet, redet er Hans Castorp überraschend mit Vornamen an (Zb 640, 5 – 14).
„Selbst der Gedanke an seine eigene Zerstörung war ihm nicht nur angenehm, sondern verursachte ihm (sc. Anton Reiser) sogar eine Art von wollüstiger Empfindung, wenn er oft des Abends, ehe er einschlief, sich die Auflösung und das Auseinanderfallen seines Körpers lebhaft dachte“ (AR 31, 32 – 32, 2; 409, 29). Das Husten des Herrenreiters klingt „wie ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei organischer Auflösung “ (Zb 25, 7 f.; 448, 24). Die Augen Castorps bekommen einen „erregten Glanz“ (Zb 25, 33 f.).
„Nun fügte es sich aber einmal, daß Anton gerade in der Kirchentüre stand, als der Pastor P… herein trat, und in plattdeutscher Sprache zu dem Küster sagte, daß sie nachher noch ein Kind zu taufen hätten“ (AR 84, 19 – 22). Auf Anton wirkt dies, wie wenn „der simpelste Handwerksmann mit dem Küster“ spricht (AR 84, 26 f.) Anton liebte Pastor P … desto mehr (AR 84, 34; Plattdeutsch wird erwähnt AR 303, 2; 385, 3).
Der Großvater spricht mit dem alten Fiete plattdeutsch „in aller Sachlichkeit und weil er es überhaupt mit Leuten aus dem Volk, mit Speicherarbeitern, Postboten, Kutschern und Dienstboten so hielt. Hans Castorp hörte es gern“ (Zb 35, 22 – 25; Castorp spricht etwas „platt“: 52, 20). Plattdeutsch und seine Wirkung – Küster – Taufe sind Stichworte für den Hinweis auf das Plattdeutsche im Unterkapitel „Von der Taufschale…“.
Anton Reiser gefällt besonders die Art, wie der Lazarettprediger und Konrektor „sein Kinn zutragen“ pflegt (AR 124, 12 f.; 147, 25 ff.). Dem „kleinen Hans Castorp gefiel es besonders wohl, wie der Großvater das Kinn in die hohe, schneeweiße Binde lehnte; noch in der Erinnerung, als er erwachsen war, gefiel es ihm ausgezeichnet: es lag etwas darin, was er aus dem Grund seines Wesens billigte“ (Zb 36, 16 – 21).
Anton Reiser wird „des Rektors Famulus“ genannt, eine Bezeichnung, die er als Spottnamen empfindet (AR 186, 23 f.; 188, 26 f.). Frau Stöhr nennt in ihrer Dummheit den Assistenten Krokowski „Fomulus“ (Zb 29, 1; 149, 22).
In Braunschweig (AR 54, 22; 56, 9) findet Anton Reiser eine Arbeit bei einem Hutmacher. Castorp verbringt vier Semester an denTechnischen Hochschulen Braunschweig und Karlsruhe (Zb 59, 16 ff.).
Der „Gedanke an den Tod“ erwacht bei Reiser immer wieder (AR 87, 16 f.). Er ist „durch die besondre Führung, die ihm die göttliche Gnade, durch ihre auserwählten Werkzeuge hatte angedeihen lassen, ein völliger Hypochondrist geworden, von dem man im eigentlichen Verstande sagen konnte, daß er in jedem Augenblick lebend starb. – Der um den Genuß seiner Jugend schändlich betrogen wurde – dem die zuvorkommende Gnade den Kopf verrückte. - “ (AR 89, 14 – 21). Dennoch behält bei Anton Reiser „die natürliche Liebe zum Leben, um des Lebens willen“ die Oberhand (AR 87, 29 f.; 89, 6). Diese Gedanken an den Tod, verbunden mit der treibenden Gnadenerwartung, entwickeln sich bei ihm zu einer religiösen Neurose. Aber die animalischen Forderungen des Lebens stoßen diese Gedanken weg: Reiser will „frische Wurst zu essen bekommen “ (AR 256, 28). Castorp sieht in einer (von forcierter Gnadenerwartung unbelasteten) Ethik der „Güte und Liebe“ das Mittel, die Gedanken an den Tod nicht zum Stachel werden zu lassen . In diese Richtung geht der „Ergebnissatz“ des „Zauberbergs“: „Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen dem Tod keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken“ (Zb 748, 28 f.). (6)
Anmerkungen:
1. Die Zahlen in Klammern (Seite, Zeilenangabe) verweisen auf Thomas Manns Der Zauberberg, Bd. 5/1(Textband) -2(Kommentarband) – M. Neumann - der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002. Hervorhebungen durch Fettdruck vom Autor. Abkürzung: Zb Karl Philipp Moritz, Anton Reiser, insel taschenbuch 2229, , 1981. Abkürzung: AR
2. Philipp Reiser aus Erfurt ist im ganzen Roman präsent (AR 168,3 – 170, 20; 218, 17.20 f.; 220, 8; 221, 17. 23 f.; 257, 19. 34 f.; 258, 3; 259, 24; 261, 16; 263, 2; 265, 12; 269, 11 f.; 270, 1. 24; 271, 5; 272, 27; 273, 20 f.; 274, 25; 275, 1; 276, 26. 28; 278, 26; 279, 2; 283, 6 f.11.29 f.; 289, 23; 290, 23; 291, 15; 292, 19 f. 23.28 f.; 297, 33f.; 299, 13; 300, 32; 304, 27; 307, 3; 311, 14; 315, 21; 318, 30; 341, 30; 347, 28; 351, 4.8.10.16; 356, 15.27; 365, 16. 30; 366, 9.26; 367, 7.8.24; 368, 1 f.4.9; 372, 25; 380, 4; 395, 23; 438, 21.29; 439, 8.14.19; 453, 17; 454, 7; 474, 32; 475, 12). Philipp Reiser ist ein Beispiel für die Technik der Verdoppelung von Romanfiguren (vgl. auch Castorp/Ziemßen), hier sogar unter Beibehaltung des Nachnamens.
3. Wahrig, a.a.O., S. 466 s.v. „Ferge“; vgl. auch „Fähre“; zu Charon: Kommentarband, S. 238.