Von Storm aus lässt si ch auch das Problem der „Sympathie mit dem Tode“ ansprechen . (20)
1. In der Novelle „Draußen im Heidehof“ holt sich Heinrich im feuchten Moor das Gliederreißen: „Ein paar Wochen hat er in den Kissen liegen müssen, und als der Doktor nicht angeschlagen, haben sie die Sympathie gebraucht: und mit drei Tassen Kamillentee und ein paar Handvoll Kirchhofserde ist dann auch alles wieder in seinen Schick gekommen“ ( Sto I 511, 16 – 19; 527, 10 ff.). Auf dieser Ebene trinkt Miss Robinson immer ihren blutroten Hagebuttentee. (Zb 70, 7: 71, 13 ff.; 127, 31 f.). (21) 2. Fasst man die „Kirchhofserde“ metonymisch auf als „Tod“, ergeben sich die Eckpunkte Sympathie – Tod. 3. In der Novelle „Ein Bekenntnis“ legt der Arzt Franz Jebe , nachdem er seiner Frau Sterbehilfe wegen ihrer Schmerzen geleistet hat ,ein radikales Bekenntnis für das Leben ab : „ >>Das ist die Heiligkeit des Lebens<<, sprach er. >>Das Leben ist die Flamme, die über allem leuchtet, in der die Welt ersteht und untergeht; nach dem Mysterium soll kein Mensch, kein Mann der Wissenschaft seine Hand ausstrecken, wenn er’s nur tut im Dienst des Todes; denn sie wird ruchlos gleich der des Mörders!<<“ (Sto II 572, 11 – 16). 4. „Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken“ (Castorp, Zb 748, 27 f.). (22) Der Mensch soll nicht nur nicht dem Tode seine Hand leihen, sondern schon in Gedanken dem Leben absolute Priorität einräumen.
Anmerkungen:
1. Theodor Storm, Gesammelte Werke in zwei Bänden. Neu hrsg. und mit einem Nachwort und Zeittafel von Walter Zimorski. Artemis und Winkler 2000 (Winkler Weltliteratur). Abkürzung: Sto I, II. Die Farbe „Gelb“ in der Novelle „Waldwinkel“: „Gelbhaariger Theologe“ (Sto I 638, 33); „angeklebtes Gelbhaar“ (I 639, 23); „Gelbseidenes Schnupftuch“ (I 681, 27). Auch „Kornfeld, Ährenfeld, Korn“ (I 662, 35; I 663, 5. 13. 23) stellt die Verbindung zu dieser Farbe her. In anderen Novellen: „Psyche“ Sto I 722, 19 – 22; „Aquis submersus“ Sto I 823, 6; I 829, 10; “Carsten Curator” I 864, 15; “Zur >>Wald-und Wasserfreude<<„ I 972, 35; “Im Brauhaus” I 1036, 26; I 1038, 16. 2. Die Zahlen in Klammern (Seite, Zeilenangabe) verweisen auf Thomas Manns Der Zauberberg, Bd. 5/1 (Textband) -2 (Kommentarband) – M. Neumann -der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002.Hervorhebungen durch Fettdruck vom Autor. Abkürzung: Zb 3. In „Bulemanns Haus“ gibt es „ein paar ungeheuere Katzen, eine gelbe und eine schwarze“ (Sto II 783, 21 f.). 4. Vgl. Beitrag "Spuren im „Zauberberg“: Frau Stöhr und ihr jüdischer Hintergrund". 5. Vgl. Kommentarband, S. 132. 6. Der Erzähler Fritz „bricht für Wagner eine Lanze“ (Sto II 291, 20 f.). Vgl. zu „Cannstatt“ auch die Beiträge „Spuren im „Zauberberg“: Richard Wagner, Mein Leben 1813 – 1868 (1911); Spuren im „Zauberberg“: „Auf `m Wase graset d‘ Hase ond em Wasser gambet d‘ Fisch“ (Schwäbische Volksweise). 7. Erstaunlich sind etwa die Variationen der Bezeichnung von Sophia in der Novelle „Der Etatsrat“: Phia (Sto II 17, 26; 18, 19.39.; 19, 3; 21, 7.19 f.; 22, 38; 23, 21; 23, 26; 29, 14.23; 30, 1; 33, 19; 35, 26; 38, 33; 45, 3.17; 50, 28; 52, 23). Phia Sternow (Sto II 18, 38; 37, 19; 38, 18; 52, 16), Sophie Sternow (Sto II 20, 3 f.6; 36, 16 f.; 38, 28). Fräulein Sternow (Sto II 38, 7). Fräulein Sophie (Sto II 39, 5.13). Fräulein Sophia (Sto II 49, 3) Fräulein Phia (Sto II 49, 5 f.). Ein Name wird gar nicht gesucht: Sto II 24, 14: Justizrat „Soundso“. Archimedes wird zu „Archi“ verkürzt (Sto II 18, 19.21). 8. Vgl. Beitrag „Spuren im „Zauberberg“: Ernst Deecke, Lübische Geschichten und Sagen“ (1852). 9. Vgl. Beitrag „Die Geschichte von dem Sohn und Ehemann“ (Zb 302, 15 – 31).; Zb 756, 4 f.; der verlorenen Sohn im Theater („Pole Poppenspäler“ Sto I 618, 35 f.); Bilder vom verlorenen Sohn („Der Schimmelreiter“ Sto II 660, 17). 10. Zur Erklärung im „Zauberberg“ Beitrag „Spuren im „Zauberberg“: Ernst Deecke, Lübische Geschichten und Sagen (1852). 11. Mutter Pottsack (Sto I 911, 19.22; 912, 13.21.28.33), eine Hausiererin, erinnert phonetisch an den „Brotsack“ Castorp. Das fehlende „R“ wird nachgeliefert (Sto I 929, 4 f.). 12. Drehorgel bei Storm: Sto I 279, 3; 280, 18; 282, 14; Sto II 284, 1; 289, 30; 290, 38; 291, 11; 294,13.; Drehorgel im „Zauberberg“: Zb 89, 5; 131, 16; 228, 5; 244, 22; 304, 14; 340, 11; 365, 18 f.; 468, 9; 588, 31 f.; 590, 10; 676, 18; 719, 29. 13. Vgl. Kommentarband, S. 77 und das „Slowakenmädchen“ Margarete Glansky („Draußen im Heidehof“: Sto I 509, 3.21 f.; 527, 13). 14. Bedeutung der Hand bei Storm: „Angelika“: Sto I 119, 32 f.; „Auf dem Staatshof“: Sto I 151, 33 – 37); „Carsten Curator“ Sto I 868, 34 f.: „nagte an meinen Nägeln“; „Zur >>Wald-und Wasserfreuden<<„: StoI 1008, 14 ff. 15. Das Denken Thomas Manns in Wortfamilien auch: „Schneemassen tagein, tagaus, Schneehaufen, Schneepolster, Schneehänge“ (Zb 524, 23 f.). 16. Vgl. Beitrag „Bierbrauerehepaar Magnus und der Böhme Wenzel“. 17. Vgl. auch Beitrag „Spuren im „Zauberberg“: Knut Hamsun, Mysterien“ (1892). 18. Kranzmotiv auch „Draußen im Heidedorf“: Sto I 509, 3 f.: „denn in dem Kranze, den die Slowakendirne auf ihren schwarzen Haaren trug, saßen richtig meine roten Rosen“; „Psyche“: Sto I 740, 15 f.: „Warum ist dein bekränzter Stromgott, gleich der Psyche, so entzückend jung?“ 19. Weitere Ertrunkene: Lore Beauregard geht ins Wasser wegen Liebesprobleme: „Seetang und Muscheln hingen in den schwarzen triefenden Haaren. Die weiße Rose war fort; sie mochte ins Meer hinausgeschwommen sein“ („Auf der Universität“: Sto I 313, 26 ff.); Vater Hans Kirch sieht verschollenen (ertrunkenen) Sohn Heinz in der Ecke („Hans und Heinz Kirch“: Sto II 114, 18 – 24; Leichnam eines Ertrunkenen („Carsten Curator“ I 900, 31 – 35).“Geister der Ertrunkenen“ („Der Schimmelreiter“ Sto II 586, 7; 585, 3 – 12: Wasserleichen). Vgl. das Bild der Gattin des Hofrats: „Es war eine dünn und fließend gekleidete, etwas rätselhafte Blondine, welche, die Hände an der linken Schulter gefaltet – und zwar nicht fest gefaltet, sondern nur so, daß die oberen Fingerglieder schwach ineinanderlagen -, … (Zb 388, 6 – 9). Brustbild der verstorbenen jungen Mutter: „Viola Tricolor“ Sto 556, 9 – 19).; Profilkopf der Mutter von Christian Valentin: „Ein stiller Musiker“ I 690, 37 – 691, 9). 20. Vgl. Kommentarband, S. 26. 21. Zur Entwicklung des Begriffs „Sympathie“: Historische s Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von J. Ritter und K. Gründer, WBG 1998, Band 10, S. 751 – 762. Der Begriff sonst bei Storm: „Im Brauhaus“ Sto I 1034, 1036. 22. Vgl. Kommentarband, S. 320 f.