Spuren im "Zauberberg": Die Verleger Samuel Fischer und Albert Langen
Die Biografin Barbara Hoffmeister sieht "die einzige eindeutige Literarisierung des Verlegers in Konrad Albertis Schauspiel "Im Suff". (1) Dort wird S. Fischer als "Angler, Annoncensammler (31 Jahre)" vorgeführt, ein Delirant, der sich mit Brockhaus und Cotta identifiziert und seinem Arzt Dr. Krawutschke den Auftrag gibt ein Buch zu schreiben. Dieser redet ihn mit "Mikosch" an. (2)
Eine weitere "Literarisierung" des Verlegers Salomon Fischer ist im "Zauberberg" nachzuweisen. (3)
"Literaturverleger", so schreibt Barbara Hoffmeister in ihrer Lebensbeschreibung S. Fischers, "fühlen sich den Autoren ihrer eigenen Generation besonders verbunden, ja oft dem einen Autor. Und Samuel Fischer hatte diesen einen Autor gleich im Gründungsmoment, vielleicht im Initiationsmoment seines Verlegertums gefunden". (4) Dieser Autor ist Gerhart Hauptmann.
In der Nebenfigur Hauptmann Miklosich im "Zauberberg" erkannten wir im Titel "Hauptmann" eine namentliche Anspielung auf den Dichter Gerhart Hauptmann. (5) Dieses Ergebnis bestätigt sich nun bei näherer Betrachtung des Namens "Miklosich":
Der Verleger Salomon Fischer wurde in Liptó Szent Miklós geboren. Der Stadtname Miklós steckt also in "Miklosich" und weist auf S. Fischer hin. Übrig bleibt beim Namen Miklosich noch das "ich". Damit bezeichnet sich Thomas Mann selbst. Die erfolgreichsten und mit dem Verleger befreundeten Autoren nehmen so Samuel Fischer wie ein Triptychon in die Mitte:
(Hauptmann Miklosich = ) Gerhart Hauptmann - Samuel Fischer - Thomas Mann"
Gleichzeitig stellt sich Thomas Mann damit auf eine Stufe mit Gerhart Hauptmann.
Nun gibt es einen weiteren Buchhändler im "Zauberberg": " Settembrini empfahl auf Befragen die Schenkung (sc. zu Weihnachten an Hofrat Behrens) eines angeblich im Entstehen begriffenen lexikographischen Werkes, genannt >> Soziologie der Leiden <<; doch fiel ihm einzig ein Buchhändler bei, der seit kurzem am Tisch der Kleefeld saß" (Zb 409, 32 - 410, 3). Ein "Leiden" der Verleger ist, dass Bücher gerade für das lukrative Weihnachtsgeschäft nicht fertiggestellt werden. Dieses mit dem Titel zitierte Buch "Soziologie der Leiden" von F. Müller - Lyer wurde nicht bei S. Fischer verlegt, sondern im Verlag von S. Fischers großem Konkurrenten Albert Langen (6). Bekanntlich war Thomas Mann Mitarbeiter des von Albert Langen gegründeten "Simplicissimus". Er setzt seinen beiden ihm am nächsten stehenden Verleger ein "verdecktes" Denkmal.
Anmerkungen:
1. Barbara Hoffmeister: S. Fischer, der Verleger. Eine Lebensbeschreibung. S. Fischer Verlag 2009, S. 114.
2. Berliner Ausgabe 2013, bearbeitet und eingerichtet von Michael Holzinger, CreateSpace Independent Publishing Platform North Charleston, USA, S. 34. Textgrundlage in: Dramen des deutschen Naturalismus, hrsg. von Roy C. Cowen, Winkler Verlag München, 1981.
3. Thomas Manns Der Zauberberg, Bd. 5/1 (Textband) - 2 (Kommentarband) - M. Neumann - der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002. Hervorhebungen durch Fettdruck vom Autor. Abk.: Zb.